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Bunte Steine am W
Bunte Steine am Wegesrand Diese farbenfrohen Wandersteine wurden von Diana »Das Recht, Musik zu machen hat jeder«
Meier im Sommer rund um den Südsee »ausgewildert«.
Die Musikerzieherin Friederike Leithner aus Melverode.
Ein T rend erreicht den Süd see . Die Mu sik erzieh erin Friederik e L eithner au s Melv erode .
Ein Trend erreicht den Südsee.
Aufpassen lohnt sich: Wer in den letzten Wer das Haus von Friederike Leithner be- bezeichnet.« Neben sieben jugendlichen dem Lehrplan. »Pop-Balladen hören sich
Wochen um den Südsee spaziert ist, hat da- tritt, merkt ganz schnell, dass Musik in ihrem Schüler*innen unterrichtet sie auch zwei zwar zunächst schön an, sind aber auf Dau-
bei vielleicht auf der Astgabel eines Baumes Leben eine zentrale Rolle spielt. In einem Erwachsene – denn »um das Klavierspielen er einfach langweilig«, schüttelt sie sich.
oder auf einem Wegweiser den einen oder Nebenraum stehen zwei Klaviere, die zu lernen, ist es nie zu spät«. Eine Sache liegt ihr besonders am Herzen.
anderen bunt bemalten Stein entdeckt. Es Schallplattensammlung im Wohnzimmer Fünf bis sechs Jahre dauert der Unterricht Noch immer ist Klavierunterricht hauptsäch-
handelt sich dabei um sogenannte Wander- wird von Klassik-Alben dominiert. Das war bei ihr üblicherweise. Dazu sollte man täg- lich für gut situierte Familien erschwinglich.
steine, die nur darauf warten mitgenommen schon immer so.
zu werden, um an einem anderen Ort wie- Während ihre Mitschülerinnen damals von
der ausgesetzt zu werden. »Auswildern« ihn umgedreht, um zu gucken, ob dort et- Besonders Aktive nehmen ihre Steine zum den Beatles schwärmten, galt ihre Leiden-
heißt so etwas im Fachjargon all derer, die was steht.« Was sie fand, war der Name Auswildern sogar in den Urlaub mit. Stati- schaft stets der ernsten Musik.
sich diesem Hobby verschrieben haben, wie der Facebook-Gruppe »STH stones« aus onen wie Spanien oder Kanada sind daher Bereits das Elternhaus war musikalisch. Sie
Diana Meier aus Melverode. Stadthagen, die von Peter Obersheimer und keine Seltenheit. Das Schlimmste, was einem selbst entdeckte nach Umwegen über Block-
Erst im Mai hatte sie einige von ihr ge- Kerstin Warthold ins Leben gerufen wurde. Wanderstein unterwegs passieren kann, ist, flöte und Geige im Alter von neun Jahren
sammelte Steine aus Bad Nenndorf, Steine zu bemalen ist ein Hobby, das auch dass er in die Hände von Facebook-Muffeln »ihr« Instrument, das Klavier. »In Tübingen,
Bückeburg und Stadthagen rund um den in Braunschweig immer mehr Anklang fin- gelangt. Dann ist für ihn die Reise beendet. wo ich aufgewachsen bin, war so etwas
Südsee ausgewildert. det. »Der Südsee, der Heidbergpark, das Für alle anderen gilt: Nach dem Posten des nichts Ungewöhnliches. Im Norden Deutsch-
Entdeckt hat sie ihre Leidenschaft ganz zu- Ringgleis oder der Ölper See bieten sich Fundstücks sollte der Stein an einer neuen lands dagegen wird weniger musiziert«,
fällig. »Eines Tages bin ich durch den Kur- hier geradezu an«, meint auch Diana Meier. Stelle ausgelegt werden, damit er weiter- stellt Friederike Leithner fest. Nachdem sie
park in Bad Nenndorf spazieren gegangen, Fast immer sind die Steine mit einem bunten reisen kann. bei Jürgen Uhde in Stuttgart Privatmusik-
und da lag auf einem Holzscheit ein schön Motiv versehen, das vom Sinnspruch über Die Facebook-Gruppe »STH stones«, der erziehung studiert hatte, stand einer Karriere
bemalter Stein«, erinnert sie sich. »Ich habe Marienkäfer bis hin zur kunstvollen Illustra- Diana Meier angehört, ist mit 205 Mitglie- als Musikerzieherin nichts mehr im Wege.
tion reicht. dern verhältnismäßig klein. Einige lokale Dazu spielte sie lange Jahre vierhändig im
Der Fantasie sind hierbei keine Grenzen Gruppen können jedoch über 50.000 Duo »Due Donne« auf.
gesetzt. Auf der Rückseite befindet sich Personen vorweisen. Davon sind Braun- Noch heute ist ihre Begeisterung für die Mu-
normalerweise der Name einer Facebook- schweigs Stein-Begeisterte allerdings noch sik spürbar. »Schon im Mutterleib nehmen
Gruppe, in der man ein Foto des Fundstücks weit entfernt. Vielleicht werden die Steine wir erste musikalische Eindrücke wahr. Und
posten sollte. Braunschweiger*innen ver- am Südsee dies ja ändern. selbst wenn wir sterben, begleitet uns die
wenden hier meist den Hashtag #okersteine. (Fotos: Diana Meier) Musik bis zum Ende. Praktisch von pränatal Musikerin aus Leidenschaft: Jeden Tag übt Friederike Leithner zwei Stunden am Flügel.
So wissen die Urheber*innen eines solchen bis postmortal«, scherzt sie. lich eine halbe Stunde in Klavierübungen »Luxuspädagogik« nennt Friederike Leithner
Kunstwerks stets, wo ihre Steine gerade sind Seit 1984 wohnt sie mit ihrem Mann Rein- investieren. Jüngere Semester haben da oft so etwas ironisch. Sie bedauert das. »Wir
und freuen sich über die weite Reise, die sie hard in Melverode. Nach jahrelanger ihre Schwierigkeiten. »Senioren dagegen alle sollten uns musikalisch ausdrücken kön-
manchmal zurückgelegt haben. Lehrtätigkeit an der Musikschule Salzgit- bringen eine gewisse Ruhe mit und üben nen, denn: Das Recht, Musik zu machen hat
Diana Meier begnügt sich damit, Steine zu ter, der Musischen Akademie und an der täglich«, erklärt sie. jeder«, erklärt sie voller Nachdruck.
finden und zu verstecken: »Wenn ich ehrlich TU Braunschweig gibt die 72-Jährige heu- Die einzige Bedingung, die Friederike Leith- Um hier Abhilfe zu schaffen, ist sie neben-
bin, habe ich leider nicht das Talent, gut zu te Privatunterricht: »Inzwischen bin ich im ner an ihrer Schüler*innen stellt: Neben bei auch in der Unterkunft für Geflüchtete in
zeichnen, daher lasse ich es lieber und freue Ruhestand – oder was man so als Ruhestand populärer Musik steht vor allem Klassik auf der Glogaustraße aktiv, wo sie den Kindern
mich über die Kunst der Anderen.« am Klavier spielerisch die Grundlagen der
Wie der Name bereits andeutet, ist ein Musik vermitteln möchte. Dazu wird viel ge-
Wanderstein die meiste Zeit auf Achse. meinsam gesungen. »Singen hilft, Sprache
zu verstehen«, weiß sie. »Eines der Mädchen
dort hatte immerhin so viel gelernt, dass sie
in der Schule ein Weihnachtslied vorspielen
konnte. Für sie war das ein großes Erfolgs-
erlebnis.«
Es sind solche Momente, die die Melverode-
rin freuen. Eine andere Schülerin trat jüngst,
trotz Lampenfieber, im Rahmen der Braun-
schweiger Kulturnacht vor einem größeren
Publikum auf. Friederike Leithner: »Das Lam-
penfieber ist egal.
Oststraße 2c · 38122 Braunschweig-Broitzem · Telefon 0531/8667451 · www.fahrrad38.de Das Wichtigste ist, dass man es trotzdem
macht.«