Page 4 - Heft2017-2
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4      Südlicht           4                                                                                                                                                                     5          Südlicht       5





          Helfer werden immer gebraucht                                                                                          Vielfalt für Auge und Ohr  Am 18. März fand in der


          Der Abenteuerspielplatz Melverode im Frühjahr.                                                                        St. Thomas-Gemeinde das »Konzert für Vielfalt« statt.

          »Die meisten unserer Besucher kommen                                                                                                                      im Jazz und Swing-Gewand kleideten.
          aus den anderen Stadtteilen«, erklärt                                                                                                                     Das Akustik-Duo mit Jie Jie Ng (Violine)
          Evelyn Simson und deutet auf die Gä-                                                                                                                      und Jogi Schnaars (Gitarre) verstand es,
          steliste vom letzten Wohlfühl-Sonntags-                                                                                                                   das Publikum auf eine nostalgische Rei-
          Café. Über 50 Besucher sind dort auf-                                                                                                                     se mitzunehmen. Höhepunkt war jedoch
          geführt. Die meisten kommen aus der                                                                                                                       der Auftritt des Ensembles »Balafoni«,
          Innenstadt, aus Stöckheim oder gar aus                                                                                                                    das zusammen mit dem Saxophonisten
          Timmerlah und Cremlingen. Kein Zwei-                                                                                                                      Otto Jansen und der Geigerin Jie Jie Ng
          fel: Der Abenteuerspielplatz in Melve-                                                                                                                    traditionelle Melodien Westafrikas mit
          rode ist im Braunschweiger Umland                                                                                                                         jazzigen  Saxophon-Vibes unterlegte.
          eine Attraktion. Hier können Kinder auf                                                                                                                   Der Überraschungsgast des Abends
          einem großzügigen Gelände spielen,                                                                                     Der syrische Maler Mustafa Aliko.  war Aly Keita, namhafter Balafonspie-
          basteln und handwerken. Der Clou ist                                                                                                                      ler von der Elfenbeinküste, der 2009   Martin Stützer von der AWO Migra-
          jedoch das Tiergehege mit seinen Zie-                                                                                  Mustafa Aliko war sichtlich bewegt.   mit seiner Band den Bundeswettbewerb   tionsberatung und Balafonspieler Aly
          gen, Hühnern, Enten, Kaninchen und                                                                                     Der aus Syrien stammende Maler kam   »Weltmusik aus Deutschland« gewann.   Keita (rechts).
          Meerschweinchen. Außerdem ist der                                                                                      als Flüchtling mit seiner Familie nach   Am Ende sprang die Lebensfreude der
          Spielplatz selbst an Sonntagen geöffnet.  Evelyn Simson, die Leiterin des Spielplatzes.                                Deutschland,  nachdem  er  bei  einem   Musiker auch aufs Publikum über, das  »Das war das erste Mal, dass ich mit
          Nur könnte man noch gut einen weiteren  In diesem Frühjahr wirkt der Abenteuer-  von Anfang an dabei war. Leerlauf kennt   Luftangriff sein Zuhause verloren hat.   nicht genug kriegen konnte. Für Aly  Frauen auf einer Bühne stand«, erklärte
          Mitarbeiter gebrauchen. »Ich kann mich  spielplatz etwas verändert. Grund: die  sie nicht. Wenn sie nicht mit den Kin-  Drei  Wochen  dauerte  die abenteuer-  Keita war der Auftritt eine Premiere:  er begeistert.
          leider nicht um zwei Bereiche gleichzei-  30 Weiden im Eingangsbereich wurden  dern beschäftigt ist, kümmert sie sich um   liche Odyssee.
          tig kümmern, denn unser Gelände ist  gekappt, um den Spielplatz sturmsicher  Spielplatzbesucher, weist  Praktikanten   Anfang 2016 kam die Familie schließ-  Das Ensemble »Balafoni«, mit Aly Keita (links) und Saxophonist Otto Jansen
          15.000 Quadratmeter groß«, bedauert  zu machen. Neu sind auch die Ge-  ein oder erledigt Büroarbeit.                   lich in der Turnhalle Naumburgstraße   (vorn).
          Evelyn Simson. Eine weitere Stelle will  schirrspülmaschine, das Trampolin und  Eine Hauptaufgabe sieht sie jedoch im   unter. Inzwischen malt Mustafa Aliko
          die Stadt jedoch nicht bewilligen, da  vor allem der Geburtstagspavillon, den  Zuhören: »Eltern haben heute immer      wieder – in Acryl, da Ölfarbe zu teuer
          man sich an der Bevölkerungsstatistik von  man für Kindergeburtstage nutzen kann.  weniger Zeit. Kinder brauchen nicht nur   ist. Heute lebt er im Heidberg. Seine
          Heidberg-Melverode orientiert – obwohl  Tische und Bänke werden gestellt – das  schöne Spielsachen, sondern einfach je-  Bilder handeln von seiner Flucht, dem
          die kleinen Besucher überwiegend von  Gelände  gibt  eine prächtige  Kulisse  manden, mit dem sie über ihre Probleme   Verlust der Pressefreiheit und der verlo-
          außerhalb kommen. »Der Platz bietet so  ab, die sich für viele Spiele, wie z. B.  reden können.«                       renen Heimat.
          viele Möglichkeiten, dass zwei Mitarbei-  »Schatzsuche«, eignet.     Doch auch für die anderen Bedürfnisse             Die Ausstellung in der St. Thomas-Ge-
          ter sie gar nicht ausschöpfen können.«  Außerdem ist man dabei, das Tierge-  ist gesorgt. Da es in der Natur manch-    meinde bedeute ihm viel, erklärte der
          Also setzt man weiterhin auf Ehrenamt-  hege umzubauen. »Statt paarweise in  mal schmutzig zugeht, ist für Ersatz-     sympathische Künstler gerührt.
          liche wie die Helfer vom gemeinnüt-  Käfigen zu sitzen, sollen die Tiere ge-  kleidung stets gesorgt. Oder wie ein     Am gleichen Abend konnte man im
          zigen Verein »AntiRost«, die jede Woche  meinsam in einem großen Stall „verge-  ehrenamtlicher Helfer des Platzes, ein   Rahmen der Internationalen Woche ge-
          vorbeischauen, um den Job des Haus-  sellschaftet“ werden«, lacht Evelyn Sim-  ehemaliger Kindertherapeut, gern an-    gen Rassismus ein »Konzert für Vielfalt«
          meisters zu übernehmen.           son, die beim Abenteuerspielplatz fast  merkt: »Lieber eine schmutzige Hose als      erleben, das von der AWO-Migrati-
                                                                               eine Neurose.«                                    onsberatung und dem Stadtteilprojekt
          Bastelstunde in der Natur: Auf dem Abenteuerspielplatz in Melverode.  »Wir sind hier ein Jugendzentrum für             Heidberg Aktiv präsentiert wurde. Zu-
                                                                               Kinder«, meint Evelyn Simson. »Bei uns            erst mit »Jojay«, die moderne Standards
                                                                               wird demokratisch abgestimmt, damit
                                                                               die Kinder Eigenverantwortung lernen.«            Das Akustik-Duo »Jojay«.
                                                                               Zurzeit steht zur Diskussion, ob man
                                                                               den  Spielplatz  zur  handyfreien  Zone
                                                                               macht. Einige Kinder werden pausenlos
                                                                               von ihren Eltern per Handy kontrolliert,
                                                                               während andere – statt zu spielen – mit
                                                                               dem Smartphone beschäftigt sind. Ganz
                                                                               schlimm wurde es jedoch, als in jüngster
                                                                               Zeit immer öfter Erwachsene mit ihren
                                                                               Handys auf dem Gelände erschienen,
                                                                               um Pokémons zu jagen. »Offenbar ist
                                                                               unser Spielplatz ein begehrter Fundort«,
                                                                               lacht Simson.
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