Page 24 - Suedlicht 2024-3
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       der Lebenshilfe und der Verteilung in jedem   STÜTZER:  Das Thema Sport ist natürlich   aktuell zu bleiben und solche Themen zu
       erreichbaren Briefkasten, nicht machbar.  schwierig, weil es von Tagesaktualität lebt.   verfolgen. Vielleicht verlieren wir das oft
                                            Bei einer Zeitung, die viermal im Jahr   aus den Augen.
       SÜDLICHT:  Vor zehn Jahren tat sich im   kommt, ist es halt schwer mit aktuellen Er-
       Quartier nicht viel. Heute gibt es erheblich   gebnissen, Training oder was auch immer.   JUNGHERR:  Es ist unheimlich schwierig,
       mehr Aktivitäten. Worüber sollte unser Heft   Das geht nur in Porträtform. Wen interes-  Menschen in einem bestimmten Alter – ich
       berichten? Über mehr Lokalsport vielleicht?  siert, vier Wochen später, ein Sportergebnis   sage mal im Alter von 18 bis 35 – zu er-
                                            aus dem Stadtteil?                  reichen. Das ist eine ganz andere Genera-
       JUNGHERR:  Über Institutionen, Vereine,                                  tion. Ich glaube, dass es ein unheimlicher
       ansässige Händler, die irgendwie etwas   SÜDLICHT:  Sollte das Heft etwas jünger   Spagat wäre, wenn man jetzt versucht, das
       zum Quartier beitragen. Aber das muss-  sein? Sollte man stärker versuchen, alle   Heft künstlich zu verjüngen. Dann fühlen
       te damals natürlich erst mal angekurbelt   Altersgruppen mitzunehmen?    sich die Älteren vielleicht auch nicht mehr
       werden. Heute ist es ein bisschen anders                                 angesprochen. Eine Art »Senioren-BRAVO«
       gelagert, weil die Leute vielleicht sogar zu   BORN: Ich glaube, das gelingt Dir. Ich   brauchen wir nicht.
       euch kommen. Das war anfangs sicher an-  glaube schon, dass Du da immer das
       ders. Die Zeitschrift musste erst im Stadtteil   richtige Auge drauf hast. Ich bin immer   SÜDLICHT: Auch BRAVO ist in der Krise.
       etabliert werden. Inzwischen ist sie eine Art   erstaunt, was Du für Themen ausgräbst.
       Bindeglied zwischen den Akteuren. Jeder   Oder dass  Menschen  sich an  Dich wen-  JUNGHERR: Print geht überall zurück. Ich
       weiß: Ich kann hier mein Anliegen gut dar-  den. Ich denke, dass der Stadtteil auch vor   denke, dass wir am Heft selbst gar nichts
       stellen.                             dem Umbruch steht. Wir haben ja in den   ändern müssen. Ich glaube, dass es im-
                                            60ern gebaut.                       mer noch genügend Leser gibt, für die es
       JASCHINSKI-GAUS: Ich hatte eine ganze                                    interessant ist, auch wenn man über junge
       Zeit lang regelmäßig den Beitrag »Was   SÜDLICHT: Das Thema Überalterung hat-  Leute berichtet und über deren Hobbys.
       passiert im Stadtbezirk?« geschrieben. Frü-  ten wir schon vor zehn Jahren. Man sagte,   Es soll ja nicht nur für eine Zielgruppe ab
       her als Bezirksbürgermeisterin, dann als   das wird sich in den nächsten Jahren völlig   65 sein, sondern auch ein bisschen Zeit-
       Stellvertreterin. Was passiert im Stadtbezirk   ändern. Doch noch immer sieht man hier   geist haben. Was ändert sich in der Ge-
       eigentlich? Das ist jetzt nicht nur, was der   ganz viele Leute mit Rollatoren.  sellschaft? Das bildet das Heft ja ab. Ich
       Bezirksrat für den Stadtteil macht, sondern                              glaube, da sind wir auf dem richtigen Weg.
       auch: Was passiert in den Vereinen? Wo   BORN:  Wir haben zwei betreute Wohn-
       kann man sich treffen? Wo kommt man zu-  einheiten und zwei große Altenheime.
       sammen? Wo kann man sich austauschen?   Das prägt natürlich auch den Stadtteil
       Diese Überschrift steht, denke ich, auch   enorm. Aber ich glaube trotzdem, dass
       für die Intention einer solchen Zeitschrift.   der Stadtteil im Wandel ist. Auch von
       Weil die Menschen vorher vielleicht alle für   der Angebotsstruktur her.
       sich in ihren Wohnungen gelebt haben und
       nicht nach links und rechts geguckt haben.   TIMOFEEV: Wichtig ist, dass man mit
       Nicht alle schauen in einen Schaukasten.   den Menschen spricht, die hier wohnen.
       Und nicht alle treffen sich in Vereinen. Doch   Aber die sind vielleicht nicht unbedingt
       sie werden vielleicht durch eine Zeitung,   im Quartier aktiv. Ich denke da an das
       die flächendeckend verteilt wird, animiert,   Jugendparlament. Es haben sich einige
       sich ein bisschen mehr als Heidberger und   aus der IGS Heidberg aufgestellt und
       Melveroder zusammenzufügen, um mehr   wurden tatsächlich gewählt. Sie wohnen                                           Kurzmeldungen
       Nachbarschaft zu erleben. Ich glaube, das   hier im Quartier und gehen auch hier
       muss die Intention sein: Was passiert im   zur Schule. Das sind alles junge Leute.                                                               Steinwürfe auf die Flüchtlingsunterkunft
       Stadtbezirk?                         Diese Entwicklung interessiert vielleicht
                                            auch Ältere. Wir haben hier viele ganz                                                                      In der Nacht zum 26. Mai kam es in der Glogaustraße zu einem Vorfall, der bundesweit Schlag-
       TIMOFEEV: In jeder Ausgabe werden Men-  junge Menschen, die sich engagieren                                                                      zeilen machte. Während auf dem Festplatz Melverode das Schützenfest gefeiert wurde, brüllte eine
       schen hier aus den beiden Quartieren vor-  wollen, sich nicht nur für den Heidberg,                                                              Gruppe von mindestens fünf Personen vor der Flüchtlingsunterkunft ausländerfeindliche Parolen.
       gestellt. Das finde ich auch ganz wichtig.   sondern auch für die ganze Stadt einset-                                                            Anschließend kam es zu Wortgefechten mit Bewohner*innen und Steinwürfen auf das Gebäude.
       Man erfährt, was die anderen Menschen in   zen wollen. Hier sollten wir versuchen,                                       Trotz sofortiger Fahndungsmaßnahmen konnte die Tätergruppe nicht von der Polizei gefasst werden.
       ihrem Leben interessiert, was sie so machen   Bei  der  Aktion  »Wenn  ich  Heid-                                        Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum: »Ich verurteile das Vorkommnis aufs Schärfste. Braunschweig ist eine offene Stadt,
       und wo sie sich engagieren. Ich denke da   bergkönigIn wäre« wurde  2019                                                 in der sich alle Menschen sicher fühlen sollen. Denjenigen gegenüber, die auf der Flucht zu uns kommen, gilt unsere besondere
       an die Zahnärztin am Erfurtplatz, die aus   gefragt, was man im Stadtteil ver-                                           Fürsorgepflicht.«
       Mexiko gekommen ist. Ich finde es faszinie-  bessern könnte. Bezirksbürgermei-                                           Auch andere Braunschweiger Politiker zeigten sich schockiert. Dr. Andreas Hoffmann, Landtagsabgeordneter der Grünen: »Dass
       rend, wie viele unterschiedliche Menschen   sterin Christiane Jaschinski-Gaus                                            der Rat der Stadt Braunschweig jetzt einen ›Aktionsplan gegen Rechts‹ auf den Weg gebracht hat, macht mich sehr glücklich.
       hier in beiden Quartieren wohnen.    wünschte sich »Wohnraum für viele                                                   Denn die jüngsten Ereignisse zeigen einmal mehr, wir müssen endlich aktiv werden!«
                                            junge Familien«.
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